Biodiversität
Was ist Biodiversität?
Das Nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität nutzt als Arbeitsgrundlage für den Begriff „Biodiversität“ die folgende Definition in Anlehnung an das Übereinkommen zur Biologischen Vielfalt (CBD):
Gemäß dieser Definition zählen zur Biodiversität alle Arten von Lebewesen jeglicher Herkunft und die ökologischen Komplexe zu denen sie gehören, somit auch der Mensch. Sie bezieht sich ausdrücklich auch auf die Ebene der Ökosysteme mit ihren terrestrischen, marinen und sonstigen aquatischen Lebensräumen.
Was ist Bodenbiodiversität?
Bodenbiodiversität wurde vom Nationalen Monitoringzentrum zur Biodiversität als ein Schwerpunktthema identifiziert. Inhaltlich wird das Thema vor allem vom Fachgremium „Monitoring der Bodenbiodiversität und seiner Funktionen“ bearbeitet. Das Fachgremium hat sich auf folgende Definition für Bodenbiodiversität in Anlehnung an die FAO geeinigt.
Welche Bedeutung hat die Biodiversität für Mensch und Umwelt?
Die Aufrechterhaltung und Stabilität von Ökosystemen, ihrer Funktionen, Prozesse und Leistungen hängt maßgeblich von Biodiversität ab.
Werte der Biodiversität
Biodiversität ist aus ökologischer, ökonomischer, sozialer und ethischer Sicht wertvoll und schützenswert. Hier erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Gründe für die Bewahrung der Biodiversität.
Biodiversität trägt zu einem stabilen Nährstoffkreislauf bei und rüstet Ökosysteme mit einer gewissen Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltveränderungen oder Extremereignissen wie Dürre oder Überflutung aus. Auch global bedeutsame Prozesse, wie beispielsweise die Kapazität eines Ökosystems zur Speicherung von Kohlendioxid, hängen eng mit dem Artenreichtum zusammen. Biologische Vielfalt wirkt also langfristig stabilisierend auf Ökosysteme, ihre Funktionen und Leistungen. Für ein gut funktionierendes, gesundes Ökosystem ist nicht nur die Artenvielfalt ausschlaggebend, sondern auch deren Zusammensetzung, die Eigenschaften der Arten und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten. Ökosystem-Funktionen beispielsweise, die von mehreren Arten getragen werden, sind besser abgesichert. Wenn eine Art ausfällt, besteht in artenreicheren Systemen die Möglichkeit, dass andere Arten mit ähnlichen Eigenschaften ihre Funktion übernehmen. Ein vielfältiger Genpool ermöglicht, dass sich Arten, Lebensgemeinschaften und somit auch Ökosysteme an veränderte Lebensbedingungen anzupassen. Unter anderem im Hinblick auf den Klimawandel ist es wichtig, dieses Anpassungspotential zu bewahren.
Als Rückgrat von Ökosystemen gewährleistet Biodiversität auch die Bereitstellung sogenannter Ökosystemleistungen, die für den Menschen von essentieller Bedeutung sind. Dazu gehört die Bereitstellung sauberer Luft, sauberen Wassers, von Baumaterial und Nahrung, aber auch kulturelle und ethische Aspekte. Neben all den positiven Eigenschaften, die der Biodiversität zugeschrieben werden, existieren jedoch auch negative Wertzuschreibungen gegenüber bestimmten Aspekten der biologischen Vielfalt, beispielsweise im Hinblick auf Krankheitserreger und Krankheitsüberträger.
Biodiversität nimmt also sowohl aus der intrinsischen Sicht der Natur (Funktionieren von Ökosystemen als Wert für die Natur) als auch aus Sicht der menschlichen Gesellschaft (Bereitstellung von Ökosystemleistungen) eine zentrale Rolle ein. Neben der materiellen Perspektive hat Biodiversität und die von ihr gestaltete Umwelt aufgrund ihrer Eigenart, Schönheit sowie als Raum für Erholung und Freizeit eine große Bedeutung für den Menschen. Unsere Gesellschaft besitzt die moralische Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen, aber auch gegenüber anderen Lebewesen, die Biodiversität zu erhalten. Deshalb muss biologische Vielfalt als Teil der natürlichen Lebensgrundlagen durch den Staat, insbesondere durch die Gesetzgebung und Verwaltung langfristig geschützt werden. Die wichtigsten Regelwerke zum Schutz der Biodiversität in Deutschland stellen wir Ihnen auf der Seite „Rechtlicher Rahmen“ vor.
Wodurch wird die Biodiversität bedroht?
Laut des 2019 erschienenen Berichtes des Weltbiodiversitätsrates IPBES sind weltweit ca. 1 Million Arten vom Aussterben bedroht. Jüngste Studien zeigen, dass diese negative Entwicklung nicht nur in artenreichen, weit entfernten Ökosystemen stattfindet. Ein Rückgang an Arten und Lebensräumen ist auch in Deutschland zu beobachten.
Situation in Deutschland
Hier erfahren Sie mehr über den Zustand der Biodiversität und Gründe für Veränderungen in Deutschland.
Der aktuelle Bericht der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) zeigt, dass der Gesamttrend des Erhaltungszustands von 34 Prozent der Arten über alle drei biogeographische Regionen Deutschlands hinweg als „sich verschlechternd“ bewertet wird (bewertete Arten: 365, ohne Sammelarten). Für 41 Prozent der bewerteten Lebensraumtypen (195) wird ebenfalls ein sich verschlechternder Gesamttrend festgestellt (Nationaler Bericht 2019 gemäß FFH-Richtlinie). Auch die Roten Listen Deutschlands verzeichnen einen hohen Anteil bestandsgefährdeter oder bereits ausgestorbener Arten über alle darin untersuchten Organismengruppen hinweg. Dies betrifft 34 Prozent der Wirbeltiere, 34 Prozent der Wirbellosen Tiere, 31 Prozent der Pflanzen, 20 Prozent der Pilze und Flechten (Rote Liste Zentrum 2020). Diese bereits schon länger andauernde negative Entwicklung zeigt auch die viel zitierte Studie des Entomologischen Vereins Krefeld zum Insektensterben in Deutschland, aber auch eine deutschlandweite Studie, die einen Verbreitungsrückgang bei mehr als 70 Prozent der ca. 2100 untersuchten Pflanzenarten in Deutschland belegt (beide siehe "Weiterführende Informationen).
Die Gründe für Veränderungen der Biodiversität sind vielfältig und lassen sich in Einzelstudien meist nur schwer belegen. Aus der Gesamtheit aller verfügbaren Informationen lassen sich mit Hilfe übergreifender Analysen jedoch gewisse Einflussfaktoren ableiten. Im Bericht des IPBES, der Nationalen Biodiversitätsstrategie des Bundes, aber auch im Bericht der Deutschen Akademie der Wissenschaften – Leopoldina zum Biodiversitätsmanagement in Agrarflächen werden unter anderem folgende Gründe genannt:
• Änderung bzw. Intensivierung der Landnutzung
• Klimawandel
• Demographischer und soziokultureller Wandel
• Mangelnde Wirksamkeit politischer Steuerungselemente, vor allem Naturschutzmaßnahmen
• Umweltverschmutzung
• Zunehmende Ausbeutung der Ökosysteme
• Invasive Arten
• Verlust der Strukturvielfalt der Landschaften
• Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung von ökologisch wertvollen Grenzertragsstandorten (z.B. Magerrasen, Heiden, Feucht- und Nasswiesen)
• Einsatz von schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel
• Intensivierung in der Nutztierhaltung
• Überdüngung
• Ökonomischer Wandel
• zunehmende Flächeninanspruchnahme/Flächenversieglung
Grundlagen zum Schutz der Biodiversität
Der Erhalt der biologischen Vielfalt zählt zu den großen globalen Herausforderungen und ist deshalb zentraler Gegenstand verschiedener nationaler und internationaler Richtlinien, Konventionen und Maßnahmen.
Fundament für den Biodiversitätsschutz
Hier erfahren Sie mehr über die wichtigsten Grundlagen für den Biodiversitätsschutz in Deutschland.
In Deutschland wurde am 7. November 2007 die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) vom Bundeskabinett verabschiedet und zugleich ein breit angelegter Dialogprozess angestoßen. Ziel dieses Prozesses ist eine möglichst breite gesellschaftliche Beteiligung aller Akteursgruppen an der Umsetzung der Strategie sowie die Vernetzung der Aktivitäten und Initiativen. Seit 2015 ergänzt die Naturschutz-Offensive 2020 mit einem Handlungsprogramm die Umsetzung der NBS. Die nationale Strategie umfasst neben dem Biodiversitätsschutz und der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen auch soziale Aspekte der Erhaltung der biologischen Vielfalt.
Die drei Bereiche Biodiversitätsschutz, nachhaltige Nutzung von Ressourcen und soziale Aspekte der Erhaltung der biologischen Vielfalt spiegeln auch die drei Grundpfeiler des Übereinkommens zur Biologischen Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) wider. Es wurde 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro verabschiedet und ist mit 196 Vertragsparteien das wichtigste internationale Vertragswerk zum Schutz der Biodiversität und der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen.
Die beiden oben genannten sowie weitere Regelwerke bilden auch die gesetzliche Grundlage und regeln die Berichtspflichten für das Biodiversitätsmonitoring in Deutschland. Das Monitoring zeigt qualitative und quantitative Veränderungen der Biodiversität auf und ermöglicht dadurch politische Konsequenzen und geeignete Maßnahmen abzuleiten. Diese können zu neuen Gesetzesgrundlagen für den Schutz der Biodiversität führen. Genauso liefert die mit ihren vielen haupt- und ehrenamtlichen Akteur*innen breit aufgestellte Monitoringlandschaft in Deutschland kontinuierlich wertvolle Daten für die Biodiversitätsforschung und praktische Schutzmaßnahmen. Ein übergreifendes Gesamtkonzept für das Biodiversitätsmonitoring in Deutschland existiert bisher noch nicht. Die Förderung dieser Konzeptentwicklung gehört zu den Aufgabenschwerpunkten des NMZB.